Europagesetz 2017 – Änderungen bei Mehrwertsteuer

Europagesetz 2017 – Änderungen bei Mehrwertsteuer

Im Amtsblatt Nr. 277 vom 27. November 2017 ist das sog. “Europagestz 2017” (G. 167/2017) veröffentlicht worden. Es tritt am 12. Dezember 2017 in Kraft und bringt einige Änderungen im Bereich der Mehrwertsteuer. Hier die wichtigsten Neuerungen:

 

  1. Pauschale Erstattung der Avalgebühren für Bürgschaften bei MwSt.-Erstattungen ab 2018

Zur Erinnerung: Die italienische Praxis bei der Erstattung von MwSt.-Guthaben wurde von der Europäischen Kommission (zuletzt Verfahren 2013/4080) schon des Öfteren scharf gerügt. Nicht nur, dass z. T. jahrelange Wartezeiten in Kauf genommen werden müssen, für die Auszahlung der zustehenden Guthaben nebst Zinsen müssen zudem Bankbürgschaften bis zum Ablauf der Verjährungsfristen hinterlegt werden, weil offensichtlich die Finanzverwaltung nicht in der Lage ist, vor Auszahlung der angeforderten Guthaben auch die notwendigen Kontrollen durchzuführen. Erst seit 2015 kann die Bürgschaft durch eine Eigenerklärung und einen Bestätigungsvermerk eines Wirtschaftsprüfers in vielen Fällen vermieden werden. Durch die Eigenerklärung muss vor allem bestätigt werden, dass sich das Unternehmen nicht in einer wirtschaftlichen Schieflage befindet. Kann diese Eigenerklärung nicht abgegeben werden oder handelt es sich um ein sog. risikobehaftetes Unternehmen, so ist die Bürgschaft bei Erstattungen über 30.000 Euro aber nach wie vor notwendig. Als „risikobehaftet“ gelten Unternehmen, die erst seit 2 Jahren ihre Tätigkeit ausüben (ausgenommen sog. „start up“) und solche, welchen in den beiden Vorjahren wesentlichen Steuerfestsetzungs- oder Steuerberichtigungsbescheide (10% der erklärten Werte bis zu 150.000 Euro, 5% bis zu 1.500.000 Euro und 1% bei über 1.500.000 Euro) zugestellt worden sind. Ebenso werden Garantien auch für die Erstattung von MwSt.-Guthaben bei Beendigung der Tätigkeit verlangt.

Für diese Unternehmen gibt es jetzt eine gute Nachricht: Für trimestrale Erstattungsanträge und Erstattungsanträge in der Jahreserklärung, die ab 1. Jänner 2018 eingereicht werden, erfolgt eine pauschale Abgeltung der anfallenden Avalgebühren im Ausmaß von 0,15% des garantierten Betrages für jedes Jahr. Die Abfindung wird zwar in der Regel nur einen Bruchteil der tatsächlich von den Banken verlangten Kommissionen abdecken, aber: Ein Anfang ist gemacht!

 

Hinweis: Unserer Kanzlei ist es in letzter Zeit – nach unserem Wissen erstmals in Italien - gelungen, unter Berufung auf die allgemeinen Grundsätze in der Charta des Steuerzahlers mehrere rechtskräftige Urteile zu erwirken, mit welchen die Finanzverwaltung angehalten worden ist, die getragenen Kosten für die Bankbürgschaften für MwSt.-Rückforderungen zu erstatten und die Unternehmen so schadlos zu halten. Und die Steuerämter haben in der Zwischenzeit die geforderten Avalgebühren auch anstandslos bezahlt. Sollte Ihr Unternehmen also in den letzten Jahren solche Spesen getragen haben, setzen Sie sich bitte mit uns in Verbindung. Dabei kommt nach unserer Auffassung die allgemeine Verjährungsfrist von 10 Jahren zur Anwendung.

 

  1. Rückforderung nicht geschuldeter MwSt.-Zahlungen

Im MwStG wird der neue Art. 30-ter eingeführt, welcher die Erstattung nicht geschuldeter MwSt.-Zahlungen regelt. Der Antrag muss, bei anderweitigem Verfall, innerhalb von 2 Jahren ab dem Datum der Zahlung, oder soweit später, ab dem Datum, zu welchem die Voraussetzungen für die Rückerstattung eingetreten sind, gestellt werden.

Soweit irrtümlich auf eine Lieferung oder Leistung die MwSt. in Rechnung gestellt wird, kann der Antrag hingegen innerhalb von 2 Jahren ab dem Datum der Erstattung der Mehrwertsteuer an den Käufer oder Auftraggeber gestellt werden.

 

  1. Indirekte Ausfuhrlieferungen für humanitäre Zwecke

Zunächst die allgemeine Regelung: Wird bei einem Export bzw. einer Ausfuhr in ein Drittland der Gegenstand vom Kunden selbst oder in seinem Auftrag abgeholt und ins Ausland befördert, muss diese Ausfuhr nach den geltenden Bestimmungen binnen 90 Tagen nach der Übergabe erfolgen (Art. 8 Abs. 1 lit. b MwStG, sogenannter indirekter Export), ansonsten wird die MwSt.-Befreiung aberkannt.

Handelt es sich um humanitäre Ausfuhrlieferungen gegenüber öffentlichen Verwaltungen oder gegenüber Körperschaften, die im Verzeichnis laut Art. 26 Abs. 3 G. 125/2014 eingetragen sind, wird diese Frist nun auf 180 Tage erhöht.

Wird diese Frist nicht eingehalten, hat der Lieferant 30 Tage Zeit, den Umsatz zu berichtigen und die MwSt. nachzubelasten (andernfalls fallen Verwaltungsstrafen im Ausmaß von 50% an).

 

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Josef Vieider

Herunterladen R-47-09.12.2017 Europagesetz 2017 - Aenderungen bei Mehrwertsteuer